2015 Holt unser Gold heim von P Boehringer

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Buchtitel: „Holt unser Gold heim – Der Kampf um das deutsche Staatsgold“, 1. Auflage 2015 beim Finanzbuch Verlag München
Autor Peter Boehringer

Kommentierungen diverser Aussagen

„Warum sollte gerade die deutsche Goldmenge (3.384 Tonnen) mit einem Wert von 100 Milliarden Euro so relevant sein?“ S.29

Die typische Verschachtelung zweier Irrtümer. Erstens werden verbotener Weise zwei unterschiedliche Mengen einander gleich gesetzt (3.384 t Au und 100 Mrd Euro) und zweitens wird Geldmenge gleich Geldwert gesetzt, was zu o.g. Aussage führt. Zwei unterschiedliche Mengen sind per Definition nicht das Gleiche und eine Größe (hier der Geldwert) ist etwas anderes als eine Menge (hier die Geldmenge in Euro). 3.384 t Gold haben einen Produktwert von 3,384 mal 10 hoch 12 Stunden – soviel Arbeitszeit ist kaum in einer anderen Menge akkumuliert – das ist die Relevanz der deutschen Goldmenge.

„Physische Greifbarkeit, Haptik und Optik von Gold als wahrem Geld sind unauslöschlich ins menschliche Stammhirn eingebrannt. Diese historisch-empirisch-archaische-psychologische Vorprägung haben die allermeisten Menschen.“ S.29

Na, na, na – lieber Herr Boehringer, die menschliche Evolution hat ´zig Millionen Jahre gedauert, während der erste Tausch Ware gegen Gold vielleicht nur 7-8.000 Jahre her ist. Die Natur hat dem Menschen ganz andere Eigenschaften ins Stammhirn gebrannt als die Gesetz der Ökonomie, von denen bis heute die wenigsten eine Ahnung haben, sonst würden sie die Produkte ihrer Arbeit nicht gegen wertlose Spannungszustände oder Papierzettel tauschen.

„Gold ist materialisierte Arbeit …“ S.32

Nein, Gold ist ein chemisches Element der Ordnungszahl 79 (und ganz allgemein natürlich Materie). Arbeit dagegen ist eine Tätigkeit. Zur Förderung, Gewinnung und Aufbereitung der Erze war und ist menschliche Arbeit erforderlich, deren Dauer man in Stunden und Minuten angeben kann. Die Dauer dieser Tätigkeiten nennt man Arbeitszeit – und diese Arbeitszeit ergibt den Produktwert des Goldes. Gold durch Stoffwechselprozesse herzustellen haben schon die Alchimisten versucht und es immerhin bis zum Porzellan gebracht. Die wenigen Goldatome, welche durch die Nachahmung kernphysikalischer Prozesse erzeugt wurden, haben sicher einen immens hohen Produktwert, dürften aber gewichstmäßig kaum der Rede wert sein. Wenn Herr Boehringer mit Gold allerdings die Goldbarren in den Tresoren der Zentralbanken meint, hätte er Recht.

„Misstrauen und Argwohn der Bevölkerung gegen entwertbares Papiergeld sind wegen der ausnahmslosen Wertlosigkeit aller Papiergeld-Währungen völlig berechtigt.“ S.32

Herr Boehringer hat völlig recht, aber er spricht im ersten Teil des Satzes vom Tauschwert und im zweiten Satz vom Produktwert – eine häufige anzutreffende Verwechslung von zwei unabhängigen Größen.

„Im Regressionstheorem von Ludwig Mises wurde schon vor über 100 Jahren bewiesen, daß Papiergeld nur deswegen einen Wert haben kann, weil die Menschen an die Deckung von Papiergeld glauben.“ S.43

Wieder die typische Verwechslung von Tauschwert und Produktwert. Auch zur Herstellung eines Papierzettels ist menschliche Arbeitszeit erforderlich, so daß er genauso einen Produktwert hat wie 1 g Gold, wenn auch einen viel geringeren. Der Papierzettel hat aber einen verbrieften Tauschwert, wenn er gegen eine bestimmte Goldmenge getauscht werden kann / gedeckt ist. Das ist das Geheimnis der ´Deckung von Papiergeld´. Man braucht aber keine Papiergeld-Deckung mehr, wenn man quantifizierbare Goldmengen als Zahlungsmittel nimmt und diese produktwertäquivalent gegen hergestellte Waren und Dienstleistungen tauscht.

„“ S.

„…denn die beiden Äpfel haben je nach Lage (reicher Scheich in der Wüste kurz vor dem Verhungern und Verdursten versus armer Apfelbauer in Südirol zur Erntehochzeit) VÖLLIG unterschiedliche Wert(schätzungen). Der Scheich wird eine Million für den Apfel zahlen – der Apfelbauer quasi nichts.“

Der Gebrauchswert ist eine Größe und spiegelt die Fähigkeit wieder, ein menschliches Bedürfnis befriedigen zu können. Klar, wenn der Südtiroler Apfelbauer keinen Hunger hat, dann hat er kein Bedürfnis nach Nahrung, demzufolge hat auch ein Apfel für ihn keinen Gebrauchswert. „Zahlen“, d.h. tauschen, kann man aber nur Mengen. Leider hat Herr Boehringer hinter der „Million“ die Mengeneinheit vergessen. Eine Zahl ohne Mengen- oder Größeneinheit hat aber überhaupt keine Bedeutung.

Als ich ihn auf die mehrfache Gleichsetzung von Mengen unterschiedlicher Einheit und der permanenten Verwechslung von Menge mit Größen in seinem Buch ansprach (S. 19: Abschreibung des deutschen Staatsgoldes im Wert von 100 Milliarden Euro; S. 29: Das deutsche Staatsgold mit einem Wert von 100 Milliarden Euro; S. 42: 31.000 Tonnen Gold entsprechen gut einer Billion Euro bzw. 1.150 Milliarden Dollar; S. 57: 300 Milliarden Goldmark entsprachen 1919 100.000 Tonnen Gold; …) und fragte, ob Äpfel das Gleiche sind wie Birnen , antwortete er:

„Man kann auch einen Apfel nicht mit einem identischen Apfel vergleichen“ und verwechselt Identität mit Komparabilität. Klar kann man auch zwei identische Äpfel miteinander vergleichen, das Gewicht des einen mit dem Gewicht des anderen, die Farbe des einen mit der Farbe des anderen. Ob zwei identische Äpfel wirklich identisch sind, können wir erst sagen, wenn wir alle Eigenschaften der beiden Äpfel untersucht haben. Wenn sich herausstellt, daß in dem einen Apfel eine Made sitzt und in dem anderen nicht, dann werden wir sagen, daß die beiden Äpfel, obwohl sie haargenau gleich aussehen, wohl doch nicht identisch sind.“

… was uns an die prinzipielle Ungleichheit zweier Mengen erinnert (siehe Inkomparabilität von Mengen)

Im weiteren Verlauf schreibt Herr Boehringer: „Ganz sicher lasse ich keinen Zweifel im Buch, dass der Preis erheblich höher sein sollte (und der Goldpreis heute ohnehin runtermanipuliert ist). Den objektiv richtigen WERT einer Sache gibt es nicht.“ und verwechselt Preis mit Wert. Der Preis ist eine Menge, die man für etwas hergibt, der Wert ist eine Größe.

Im nächsten Satz verwechselt Herr Boehringer Gebrauchswert mit Zahlen: „denn die beiden Äpfel haben je nach Lage (reicher Scheich in der Wüste kurz vor dem Verhungern und Verdursten versus armer Apfelbauer in Südirol zur Erntehochzeit) VÖLLIG unterschiedliche Wert(schätzungen). Der Scheich wird eine Million für den Apfel zahlen – der Apfelbauer quasi nichts.“

Der Gebrauchswert ist eine Größe und spiegelt die Fähigkeit wieder, ein menschliches Bedürfnis befriedigen zu können. Klar, wenn der Südtiroler Apfelbauer keinen Hunger hat, dann hat er kein Bedürfnis nach Nahrung, demzufolge hat auch ein Apfel für ihn keinen Gebrauchswert. „Zahlen“, d.h. tauschen, kann man aber nur Mengen. Leider hat Herr Boehringer hinter der „Million“ die Mengeneinheit vergessen. Eine Zahl hat ohne Mengen- oder Größeneinheit aber überhaupt keine Bedeutung.

„Wertdebatten sind in Marktprozessen völlig egal. Es geht nur um Gleichgewichtspreise.“

Immer wieder das Gleiche, Gleichsetzung von Größe (Wert) und Menge (Preis). Das diese Gleichsetzung das eigentliche Übel ist, hatte (oder wollte) Herr Boehringer nicht begreifen und hat den Disput beendet. Klar werden „in online-Foren, offline oder per eMail TAUSENDE von ‚Wertdebatten‘ geführt, die sich leider alle gegenseitig ausschließen, weil aus rein logischen Gründen 9999 falsch, unzulänglich, imperfekt sein müssen“. Da gebe ich Herrn Boehringer völlig recht. Aber es gibt eben eine Wissenschaft, die sich mit Mengen, Größen und Einheiten beschäftigt und darin eine ziemlich unanfechtbare Stimmigkeit erreicht hat – die Physik. Und wenn man in der Physikprüfung Dichte mit Masse, Auto mit Geschwindigkeit oder Elektronen mit Neutronen verwechselt, ist man halt durchgefallen. Nur in der Ökonomie darf man alles kunterbunt durcheinander werfen und stolz behaupten, daß man „Marktwirtschaftler bzw. Österreicher“ sei. Alle anderen sind „Makroklempner / sozialistisch / umverteilende Ökonomen, übles Pack„, welche „die eigentliche Ursache für Fehlallokationen von Produktionsmitteln, von Unter- oder Überproduktion, von Hungersnöten und Totalitarismus“ sind.

So kommen wir halt keinen Millimeter weiter.

Querverweise

Kommentierung der wesentlichsten Irrtümer in der Publikation „Holt unser Gold heim“ im Korrektor